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Interview: Warum dezentrale Heizsysteme unverzichtbar bleiben



Interview: Warum dezentrale Heizsysteme unverzichtbar bleibenBild: VKA
Bild: VKA 

13. März 2025

Die Wärmewende ist beschlossene Sache, der Einsatz erneuerbarer Energien wird damit zumindest perspektivisch zum Standard. Doch welche Rolle können konventionelle Bestandsanlagen in diesem Transformationsprozess noch spielen? Der Verband Kunststoffabgasanlagen (VKA) hat dazu im Februar 2025 ein Thesenpapier1) veröffentlicht, das sich mit der Bedeutung dezentraler Heizsysteme für eine stabile und resiliente Wärmeversorgung auseinandersetzt. Guido Jobst, Vorstandsvorsitzender des Verbands, spricht im Interview über die zentralen Erkenntnisse des Papiers, die Herausforderungen der aktuellen Energiepolitik und die Zukunft der dezentralen Wärmeversorgung.

IKZ: Herr Jobst, es wird oft gesagt, dass fossile Heizsysteme ein Auslaufmodell sind. Warum sollten wir trotzdem noch über ihre Bedeutung sprechen?

Guido Jobst: Weil sie nach wie vor einen Großteil unserer Wärmeversorgung ausmachen. Aktuell sind noch rund 40 bis 45 Prozent der Heizsysteme in Deutschland erdgasbasiert, weitere 20 bis 25 Prozent nutzen Heizöl. Der Ausbau erneuerbarer Technologien ist wichtig, aber er braucht Zeit und hohe Investitionen. Bis dahin müssen wir die bestehende Infrastruktur intelligent nutzen und optimieren. Eine vorschnelle Abkehr von diesen Systemen könnte zu Unsicherheiten in der Wärmeversorgung führen.

IKZ: Warum liegt Ihnen das Thema Dezentralität und Versorgungssicherheit so am Herzen?

Guido Jobst: Die Wärmeversorgung ist ein essenzieller Bestandteil unseres Alltags. Gerade in Deutschland, wo wir lange Heizperioden haben, muss sichergestellt sein, dass alle Haushalte zuverlässig mit Wärme versorgt werden. Die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, dass unser Energiesystem widerstandsfähiger werden muss – nicht nur wegen steigender Energiepreise, sondern auch aufgrund der wachsenden Abhängigkeit von erneuerbaren Energien. Die jüngsten Dunkelflauten Ende 2024 haben eindrucksvoll bewiesen, dass die alleinige Fokussierung auf Wind- und Solarenergie Risiken birgt. Wenn über längere Zeiträume kaum Sonne und Wind zur Verfügung stehen, müssen alternative Wärmeerzeuger einspringen. Dezentrale Heizsysteme – insbesondere bestehende Öl- und Gasheizungen – sind hier ein stabilisierender Faktor. Sie sind bewährt, breit etabliert und bieten Versorgungssicherheit, wenn erneuerbare Quellen nicht ausreichen.

IKZ: Welche Vorteile bieten dezentrale Heizsysteme in Krisensituationen?

Guido Jobst: Ein zentrales Heizkraftwerk oder ein Fernwärmenetz kann bei einem Ausfall ganze Versorgungsgebiete lahmlegen. Dezentrale Heizungen hingegen sind unabhängig voneinander und sorgen dafür, dass Wärmeausfälle lokal begrenzt bleiben. Besonders Öl- und Gasheizungen haben hier den Vorteil, dass sie auch bei kurzfristigen Störungen weiter betrieben werden können – beispielsweise durch eigene Brennstoffvorräte. Das macht sie zu einem stabilisierenden Element in unserem Energiesystem.

IKZ: Sind dezentrale Heizsysteme nicht unflexibel im Vergleich zu neuen, innovativen Heiztechnologien?

Guido Jobst: Ganz im Gegenteil! Sie lassen sich hervorragend mit erneuerbaren Energien kombinieren. Ein gutes Beispiel ist die Hybridheizung, bei der eine Gas- oder Ölheizung mit einer Wärmepumpe oder Solarthermie gekoppelt wird. So kann man flexibel auf die jeweiligen Energiepreise oder Wetterbedingungen reagieren. Diese Flexibilität ist entscheidend, um die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung möglichst wirtschaftlich und effizient zu gestalten.

IKZ: Ein oft übersehener Aspekt der Energiewende ist die graue Energie, die in bestehenden Heizsystemen steckt. Sollte man nicht stärker darauf achten, den Bestand intelligent weiterzunutzen, statt ihn vorschnell zu ersetzen?

Guido Jobst: Absolut! Jedes Heizsystem, das bereits installiert ist, hat eine erhebliche Menge an grauer Energie – also die Energie, die für die Herstellung, den Transport und die Installation der Anlage bereits aufgewendet wurde. Wenn man eine funktionierende Heizung vorzeitig ersetzt, gehen diese Ressourcen verloren, und es entsteht zusätzlicher CO₂-Ausstoß durch die Neuproduktion. Deshalb ist es wichtig, bestehende Anlagen klug weiterzunutzen und schrittweise zu optimieren, anstatt sie vorschnell auszutauschen. Moderne Brennwerttechnik, die Nachrüstung mit erneuerbaren Energiequellen wie Solarthermie oder Hybridlösungen sind effektive Wege, um Bestandsanlagen effizienter zu machen und gleichzeitig den CO₂-Fußabdruck zu minimieren. Die Wärmewende muss nachhaltig sein – und das bedeutet auch, unnötige Neuproduktion zu vermeiden.

IKZ: Ist die bestehende Infrastruktur für Öl- und Gasheizungen nicht ein Hindernis für die Energiewende?

Guido Jobst: Nein, ganz im Gegenteil. Die bestehende Gas- und Heizöllogistik ist ein stabiles Fundament, auf dem wir aufbauen können. Schon jetzt werden Gasnetze auf eine Beimischung von Wasserstoff vorbereitet. Moderne Gasheizungen sind in der Lage, einen Anteil von bis zu 20 Prozent Wasserstoff zu nutzen, ohne größere technische Anpassungen. In der Zukunft könnte dieser Anteil weiter steigen, sodass die fossile Nutzung schrittweise reduziert wird. Das zeigt, dass wir keine Entweder-oder-Debatte führen müssen, sondern über kluge Übergangslösungen sprechen sollten.

IKZ: Der berühmte Blick in die Glaskugel: Wird Wasserstoff langfristig eine realistische Alternative für die Wärmeversorgung sein?

Guido Jobst: Wasserstoff ist ein zentraler Baustein der klimafreundlichen Zukunft. Aber es gibt noch Herausforderungen. Die Produktion muss hochgefahren, die Infrastruktur ausgebaut und die Kosten gesenkt werden. Dennoch zeigen erste Pilotprojekte, dass dezentrale Heizsysteme mit Wasserstoff gut funktionieren können. Langfristig könnte Wasserstoff fossiles Erdgas vollständig ersetzen, was eine massive Reduzierung der CO₂-Emissionen bedeuten würde. Aber dieser Prozess muss realistisch und wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden.

IKZ: Welche politischen Rahmenbedingungen wären aus Ihrer Sicht nötig, um Versorgungssicherheit und Klimaschutz in Einklang zu bringen?

Guido Jobst: Es braucht eine technologieoffene Strategie, die alle verfügbaren Optionen sinnvoll integriert. Wir sollten bestehende dezentrale Systeme nicht vorschnell abschaffen, sondern intelligent modernisieren und mit erneuerbaren Energien kombinieren. Eine überhastete Fokussierung auf einzelne Technologien birgt das Risiko von Versorgungsengpässen und hohen Kosten für Verbraucher. Stattdessen brauchen wir verlässliche Investitionsanreize, Planungssicherheit und eine realistische Umsetzungsstrategie.

1Direktlink zum Thesenpapier

Zum Verband
Der VKA ist am 19. Januar 2004 als Zusammenschluss der führenden deutschen Hersteller von Kunststoffabgasanlagen gegründet worden. Seine Mitglieder tragen in 75 Prozent der bundesdeutschen Haushalte zur Wärmeversorgung bei. Das Ziel war die gemeinsame Erarbeitung von Qualitätsstandards und eine Beteiligung an der Normenarbeit. Inzwischen sind die Aufgaben gewachsen. Der Verband sorgt für Wissenstransfer im Bereich Technologien und Innovationen und fördert den Austausch seiner Mitglieder und Gäste zu Zukunftsthemen.





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