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StartseiteThemenBetriebsführung„Ich will zufriedene Monteure“
10. Januar 2024
Im Rahmen unserer Serie „IKZ vor Ort“ besuchte die Redaktion das in Moormerland in der Nähe von Emden beheimatete Unternehmen ELSCO Haustechnik und sprach mit dessen Geschäftsführer Benjamin Elsen
Benjamin Elsen lebt oder besser liebt die Digitalisierung und setzt auf vielerlei Hilfen, um seinen Mitarbeitern den Zugang zur Technik zu ebnen. Vier-Tage-Woche, ein weitgehender Verzicht auf Überstunden sowie eine eigene Betriebskrankenkasse sind weitere Besonderheiten, die der Unternehmer in seinem Betrieb etabliert hat. IKZ-Chefredakteur Markus Sironi sprach mit dem Vorzeigeunternehmer über seine Unternehmensphilosophie, die Bedeutung von Betriebsanleitungen und digitalen Helfern und darüber, wie er das Unternehmen stetig weiterentwickelt.
Beginnen wir mit einem kurzen Rückblick: Benjamin Elsen hat sich im Jahre 2011 selbstständig gemacht, ohne großes Eigenkapital, mit einem angestellten Meister an seiner Seite und einem geliehenen Bulli. „Das war schon ein Risiko“, sagt er rückblickend. 2014 dann, nachdem er aus der Bundeswehr ausgetreten ist, hat er die Meisterprüfung als Installateur- und Heizungsbaumeister abgelegt. Heute, keine zehn Jahr später, leitet er gemeinsam mit Prokurist Karl-Heins Saathoff ein solide gewachsenes Unternehmen. Saathoff sei ein Mann der ersten Stunde. „Er hat viel Fleiß und Herzblut in das Unternehmen gesteckt. Ohne ihn wären wir heute nicht da wo wir nun sind“, betont Elsen.
Zwölf Monteure, davon zwei Auszubildende und zwei Meister, werden aktuell beschäftigt. Dazu sechs Mitarbeiter im Büro, ebenfalls mit einer Auszubildenden. Einen Lagermeister, der dreimal wöchentlich arbeitet und, ganz wichtig: seine Mutter. „Sie ist die gute Seele im Betrieb“, sagt Elsen.
Das Arbeitsumfeld umfasst den Firmenstandort Moormerland und rund 30 km drum herum. „Vereinzelt sind natürlich Ausreißer dabei. Aber was sollen wir weit fahren, wenn wir von der Kundschaft hier gut leben können“, sagt Elsen.
Rund 30 Neubauten im Jahr realisiert das Unternehmen, mal mehr, mal weniger. Vom klassischen Einfamilienhaus bis zum Mehrfamilienhaus mit zwölf Wohneinheiten. „Ich bin mit dem Neubau groß geworden“, sagt der Unternehmer. Auf die Frage, ob man damit denn überhaupt Geld verdienen könnte, entgegnet er: „Ich plane gerne auskömmlich, das vermeidet Nachträge. Meine Planungen passen, ebenso das zu Grunde gelegte Budget. Ich bin also nicht der Günstigste, aber auf meine Kalkulation können sich meine Kunden verlassen. Das kommt gut an.“
Kessel- oder Badsanierungen sind weitere Betätigungsfelder des Unternehmens, das auch im Bereich Schiffsbau bereits Erfahrung gesammelt hat. Als Nachunternehmer habe man den Wellnessbereich oder die Kapitänssuite von großen Kreuzfahrtschiffen ausstatten dürfen. „Das ist gut für das Selbstbewusstsein, aber es ist sehr aufwendig.“ Material auf oder vom Schiff zu bringen, das sei nicht so einfach möglich. Die technischen, organisatorischen und sicherheitstechnischen Vorschriften seien enorm, der Aufwand sehr groß. Deshalb habe man diesen durchaus spannenden Bereich fallengelassen.
Elsen ist ein Zahlenmensch. Seit zwölf Jahren ist der Unternehmer selbstständig und nach wie vor werde jedes Projekt nachkalkuliert, um Sicherheit für kommende Projekte zu haben. „Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn ich für einen Neubau 550 Stunden plane und nachher feststelle, dass ich 536 gebraucht habe“, sagt er nicht ohne Stolz.
Um den Monteuren die Arbeit möglichst einfach zu machen, setzt Elsen auf eine sorgfältige und umfängliche Planung. Die umfasst bei Neubauten Verlegepläne von Rohrleitungen oder Lüftungskanälen ebenso wie die Planung von Deckendurchbrüchen, Nischen für Verteilerschränke oder Kabeltrassen für die regeltechnische Ausstattung der TGA. „Eine gute Arbeitsplanung minimiert den Bauaufwand und entlastet die Monteure“, weiß Elsen. Der Unternehmer plant gerne selber, er nutzt aber auch die Kompetenzen der Industrie und lässt sich zuarbeiten. „Für mich zählt das Ergebnis – und das muss passen.“
Rund 2000 Heizungsanlagen habe man in der Firmenkartei, aber keinen einzigen Wartungsvertrag. „Die Wartungen werden dem Kunden turnusgemäß angeboten und durchgeführt. Für die Terminvergabe werden die Kunden angerufen. Wer nicht erreichbar ist, der wird angeschrieben. Reagieren die Kunden dann nicht, werden sie aus dem System gelöscht“, beschreibt der Unternehmer sein konsequentes Vorgehen. Der Kundendienst könne bei Bedarf aber auch online vom Kunden selbst beauftragt werden – über eine neue Wartungsplattform des ZVSHK, die man auf der eigenen Website implementiert habe.
Verzicht auf Überstunden für mehr Zufriedenheit
Stolz ist man auf die Vier-Tage-Woche, die allen Mitarbeitern zusteht. Von Montag bis Donnerstag ist Regelarbeitszeit, danach geht’s ins Wochenende. Die Erfahrung habe aber gezeigt, dass längst nicht jeder Mitarbeiter dieses Modell möchte. „Wir haben mehrere Mitarbeiter, die weiterhin fünf Tage die Woche arbeiten wollen und damit sehr zufrieden sind. Damit sind wir auch am Freitag einsatzfähig.“
Überstunden werden in dem Betrieb nur sehr selten gemacht. „Unsere Monteure wollen das auch nicht“, sagt Benjamin Elsen und ergänzt: „Ich will zufriedene Monteure.“ Um das zu erreichen, würden die Aufträge sorgfältig geplant und darauf geachtet, „dass die Taktung nicht zu hoch ist“. Im Zweifel würden Puffer eingebaut. Wenn zum Beispiel im Kundendienst noch Zeit ist, dann werden eben Wartungen vorgezogen, beschreibt es Elsen. Das Unternehmen sei im Besitz von rund 70 Schlüsseln für diverse Heizungsanlagen, die durch ELSCO Haustechnik betreut werden. „Da gibt es also immer was zu tun.“
Unabhängig der Vier-Tage-Woche und dem weitgehenden Verzicht auf Überstunden bietet das Unternehmen seinen Kunden als besonderen Service einen Notdienst sieben Tage in der Woche an. Das gehöre einfach dazu. „Die Monteure selbst planen untereinander, wer an welchen Tagen beziehungsweise Wochenenden den Notdienst übernimmt. Das klappt richtig gut“, so die Erfahrung des Unternehmers.
Um die Arbeit für seine Monteure abwechslungsreich zu gestalten, aber dennoch eine gewisse Routine zu gewährleisten, hat Elsen seinen eigenen Weg gefunden: „Bei mir muss jeder alles können, aber natürlich ist jeder Monteur in irgendeiner Sache ein Experte oder kennt sich zumindest sehr gut aus. Unsere Teams
arbeiten deshalb in Kolonne. Die eine macht nur Neubau, die andere ist spezialisiert auf Wärmepumpen und andere wiederum übernehmen gerne Badsanierungen. Somit gibt es Schwerpunkte, aber wir wechseln auch immer wieder, damit die Arbeit nicht zu langweilig wird und damit jeder Einzelne immer auch den Blick auf das andere Gewerk behält.“
Apropos: Der Blick auf das gemeinsame Ganze gehört auch für Benjamin Elsen untrennbar dazu. Jeden Morgen pünktlich um 7.30 Uhr gibt es eine gemeinsame Besprechung mit allen Mitarbeitern. „Das kostet Zeit, ist aber mitunter auch sehr fruchtbar. Denn bei Terminkollisionen oder wenn es zeitlich knapp werden könnte, gibt es immer irgendeinen, der einen Vorschlag dazu hat und so werden Probleme schon im Vorfeld gelöst“, berichtet Elsen. Dass Kaffee und Getränke stets kostenlos gereicht werden und auch mit auf die Baustelle genommen werden können, ist für den Unternehmer eine Selbstverständlichkeit. „Ich nenne es Wertschätzung“, sagt Benjamin Elsen. Und die sei ihm sehr wichtig. Deshalb genießen die Mitarbeiter zahlreiche Boni wie zum Beispiel Firmenhandy und Tablet zur privaten Nutzung, die Stellung von personalisierter Berufsbekleidung und gelegentliche Firmenevents. Highlight des Betriebs ist eine eigene Betriebskrankenkasse. Darin ist zum Beispiel die gesamte Familie abgesichert, außerdem gibt es sehr viele individuelle Leistungen, wie zum Beispiel Zuschüsse für Sehhilfen und Zahnersatz, die Anwendung von Naturheilverfahren und andere.
Digitalisierung als Kernkompetenz
Im Unternehmen läuft so ziemlich alles digital: von der Arbeitszeiterfassung über die Baustellendokumentation und Abrechnung, Krankmeldung, betriebliche Unterweisungen usw. Angebote werden stets mit Bildern versehen. „Das ist anschaulicher für den Kunden als eine Textwüste“, sagt Elsen. Der Einsatz moderner EDV-Schnittstellen erlaube das ohne großen Aufwand.
Elsen selbst lebt und liebt das Thema Digitalisierung, das merkt man ihm an. Doch längst nicht jeder seiner Mitarbeiter kann da mithalten. Darum unterstützt der Unternehmer aktiv: „Ich mache für alles Anleitungen, vom Ausfüllen des BAFA-Antrags über den Kassensturz, das Anfordern des Werkskundendienstes, die elektronische Krankschreibung, Telefonanlage umstellen usw.“ Für die Bedienung der Werkzeuge und Maschinen liegen ebenfalls umfangreiche Dokumentation vor. Jede Anleitung hat entweder eine Wort-Bild-Sprache oder wird als Video erstellt. „Damit holen wir jeden Mitarbeiter ab, und wir nehmen den Druck von denjenigen, die digital nicht so fit sind.“
Die Anleitungen zeigen auch, welcher Umfang zum Beispiel zu einem bestimmten Maschinenkoffer gehört oder wie ein Werkzeug eingepackt wird, wofür es im Detail genutzt werden kann und worauf dabei zwingend zu achten ist. Dies gewährleiste die korrekte Anwendung, sorge für Ordnung und vermeide, dass plötzlich ein Zubehörteil fehle. „Und falls tatsächlich ein Teil auf der Baustelle wegkommt, lässt es sich dank der Artikelnummer in der Dokumentation rasch nachbestellen“, so der Unternehmer.
Die jeweiligen Anleitungen sind entweder digital verfügbar oder sie liegen dem Werkzeug oder Maschine als Ausdruck bei. Mitunter setzt der Unternehmer auf NFC-Chips (Near Field Communication). Diese Technik kommt u. a. im Bereich der kontaktlosen Zahlung zum Einsatz. Sie eignet sich aber auch für den Einsatz im Handwerksbetrieb. Auf den runden Chips mit etwa 2 cm Durchmesser, die sich wie ein Sticker auf beliebige Gegenstände kleben lassen, können allerhand Informationen gespeichert und per Smartphone abgerufen werden. Als Beispiel nennt der Unternehmer die Benutzung von Leitern, die ja im sogenannten Leitern-Buch festgehalten werden muss: „Ein NFC-Sticker, angebracht direkt an der Leiter, vereinfacht die Arbeit, denn alle Unterlagen und Dokumente finden sich griffbereit am richtigen Ort.“ Aber auch an Wärmeerzeugern könne man die kleinen Aufkleber anbringen und wesentliche Dokumentationen so stets abrufbereit halten.
Beratung vor Ort: Dank digitaler Helfer schnell und vollständig
Nicht nur im Unternehmen, auch bei der Beratung vor Ort wird mit moderner Software unterstützt. „Jeder Kunde bekommt im Vorfeld noch einmal eine Terminbestätigung, damit der Termin nicht vergessen wird und der Kunden sich vorbereiten kann. Wenn ich dann vom Kunden wegfahre, dann habe ich in der Regel zwei Stunden investiert und den Kunden gut beraten.“ Offene Fragen gäbe es nur selten, die wesentlichen Infos seien bereits im Gespräch aufgenommen und dokumentiert worden, sodass das Angebot nach dem Besuch sehr zeitnah rausgehen könne. Mitunter per Klick sogar direkt beim Kunden. Neben Laptop und Smartphone unterstützten eine Wärmebildkamera und eine Drohne die professionelle Datenaufnahme im Bedarfsfall.
Für jede installierte Wärmepumpe wird ein Baum gepflanzt
Ebenso wie die Digitalisierung ist der Umweltschutz eine Herzensangelegenheit des Unternehmers. Elsen hat ein eigenes kleines Naturschutzgebiet gekauft. Für jede Wärmepumpe, die man verbaue, werde dort ein Baum gepflanzt, verspricht er. In diesem Jahr würden, wenn alles wie geplant laufe, rund 40 Bäume gepflanzt, ordnet Elsen die Größenordnung ein. Darüber hinaus hat der Unternehmer ein eigenes Bienenvolk. Der gewonnene Honig werde an Kunden und Mitarbeiter verschenkt. „Alle Kunden bekommen ab einem gewissen Umsatz Weihnachten ein Geschenkpaket. Das kommt sehr gut an.“
Kälte/Klima als neuer Geschäftsbereich
Wie es denn weiter gehen solle im Unternehmen, wollten wir abschließend wissen. Ideen hat der ehrgeizige Unternehmer reichlich. Etwa für den Ausbau des Portfolios um das Thema Kälte/Klima. Dafür wurde ein eigener Kältemittelmonteur eingestellt. Der Antrag als Fachbetrieb nach Chemikalienschutzverordnung sei inzwischen positiv beschieden worden, erste Projekte sollen in Kürze anlaufen. Eine unternehmensinterne Wissensdatenbank soll sukzessive aufgebaut werden. Sie soll Durchführungsempfehlungen enthalten für Aufgaben, die im Tagesgeschäft anfallen: etwa für das Bestell-Aufmaß einer Viertelkreis-Dusche oder zur Fehlersuche an Heizgeräten. Auch soll die Warenwirtschaft optimiert werden. Nicht zuletzt will Elsen ein eigenes Firmenintranet mit einem Benefit-Portal für Monteure etablieren und so die Attraktivität seines Unternehmens für potenzielle Mitarbeiter weiter steigern. Die
Arbeit im und am Betrieb dürfen dem Vorzeigeunternehmer aus dem hohen Norden damit erst einmal nicht ausgehen.
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