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StartseiteThemenTrinkwasser„Wir haben sehr konkrete Ziele“
1. November 2024
Vor fünf Jahren wurde der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene – kurz DVQST – gegründet. Viel wurde inzwischen erreicht, gleichwohl sieht die Vereinsführung weitere spannende Aufgabengebiete. Ein Interview
Der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene – kurz DVQST – mit seinen 130 Mitgliedern ist ein gefragter Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Trinkwasserhygiene in Gebäuden geht. Fachliche Stellungnahmen, Regelwerksarbeit, gutachterliche Tätigkeiten und die Qualifizierung von Trinkwasserexperten stehen im Fokus der aktuellen Vereinsarbeit. Wir sprachen anlässlich des 5-jährigen Jubiläums mit Vereinsvorstand Arnd Bürschgens und seiner Frau und Schatzmeisterin Alexandra Bürschgens.
IKZ: Fünf Jahre DVQST, das ist ein guter Zeitpunkt, einmal zurückzublicken. Was war die Intention, diesen Verein der Trinkwassersachverständigen zu gründen?
Arnd Bürschgens: Vormals waren Sachverständige eher Exoten, die man mal vereinzelt antraf, die jedoch nie als eigener Fachkreis wahrgenommen wurden. Wir haben uns bei der Gründung mit mehreren Kollegen zusammengetan, weil wir – im Sinne der Trinkwasserhygiene – gemeinsam etwas erreichen wollten. Der Vereinszweck steht auf unserer Gründungsurkunde geschrieben und ist aktueller denn je: Kompetenzen bündeln, Erfahrungen untereinander austauschen und aktives Mitwirken bei Verbänden und Institutionen zur Verbesserung der Trinkwasserhygiene in Deutschland.
Alexandra Bürschgens: In unserer beruflichen Arbeit als Sachverständige und im Kontakt mit Kollegen stellten wir immer wieder fest, dass einerseits viele als Einzelkämpfer arbeiteten, andererseits jedoch häufig vor ähnlichen Herausforderungen standen. Dabei ging es oft um spezielle Fragestellungen in der gutachterlichen Tätigkeit, dem mangelnden Fachwissen bei Betreibern, Planern und Errichtern, aber auch dem Wunsch, sich in der Regelwerkserstellung einzubringen zu wollen. Eines Tages wurde dann aus dem „man-müsste-mal“ ein „wir machen jetzt“.
IKZ: Wer waren die Gründungsväter des DVQST? Und sind noch alle an Bord?
Arnd Bürschgens: „Gründungsväter“ waren die Sachverständigen Christian Strehlow, Tim Fischer, Carsten Freitag, Helmut Röhner, Alexandra Bürschgens, Andreas Glause und ich selbst sowie der Rechtsanwalt Hartmut Hardt, der uns bei der formalen Vorbereitung und Ausarbeitung einer Satzung wesentlich unterstützt hat. Martin Pagel, Melanie Lampe, Robert Kutzleb und viele andere, die uns auch bereits im Vorfeld in der Idee der Vereinsgründung bestärkt haben, kamen dann nach und nach dazu. Alle Gründungsmitglieder sind noch immer an Bord und weiterhin aktiv im Bereich der Trinkwasserhygiene.
IKZ: Wo liegen heute, fünf Jahre später, die Schwerpunkte des Vereins?
Alexandra Bürschgens: Einen wichtigen Bestandteil der Vereinsarbeit stellt unser Qualifizierungsprogramm dar, welches aus 12 Seminar-Themen rund um die Hygiene in Trinkwasserinstallationen besteht. Diese Seminare dienen auch der Weiterbildung zur „DVQST-qualifizierten Fachkraft für Trinkwasserhygiene“, welche für verschiedene Tätigkeitsgebiete wie z. B. Planer und Errichter, Betreiber oder Labore erreichbar sind.
Arnd Bürschgens: Daneben sorgen unsere Veröffentlichungen in Form von fachlichen Stellungnahmen und Fachpublikationen zu spezifischen Themen, auf die zwischenzeitlich sogar in der VDI 6023 verwiesen wird, für Klarheit bei der Interpretation von Sachverhalten und geben Anleitung für die Praxis. Überdies engagiert sich der DVQST direkt und indirekt über Einspruchsverfahren in der Regelwerksarbeit und steht Fragestellern für konkrete Stellungnahmen zur Verfügung. Ein nicht zu unterschlagender Schwerpunkt unserer Arbeit ist jedoch der interne Austausch über mehrere Plattformen, bei dem jedes Mitglied Rat, Hilfe und oft auch mal ein nettes Schmunzeln aus dem Kreis der Mitglieder bekommt.
IKZ: Mitglieder ist ein gutes Stichwort: Wie viele Mitglieder hat der Verein heute und aus welchen Bereichen kommen sie?
Arnd Bürschgens: Unsere rund 130 Mitglieder gliedern sich etwa zu einem Drittel in ordentliche Mitglieder, also qualifizierte Sachverständige, die hauptberuflich oder überwiegend sachverständig tätig sind, sowie rund zwei Drittel aus Fördermitgliedern. Das aktuell einzige Ehrenmitglied im DVQST ist Rechtsanwalt Hartmut Hardt, der sich sehr aktiv an unserem Vereinsleben beteiligt.
Alexandra Bürschgens: Die fördernden Mitglieder kommen relativ homogen zusammengesetzt aus den Zielgruppen Betreiber, Planer, Errichter und Labore. Auch die vor einem Jahr eingeführte Gruppe der Anwärter auf ordentliche Mitgliedschaft – also angehende Sachverständige – erfreut sich wachsender Beliebtheit.
IKZ: Wenn sie auf die vergangenen Jahre zurückblicken, welche Erfolge machen Sie besonders stolz?
Arnd Bürschgens: Stolz sind wir auf die Akzeptanz und Anerkennung für unsere Arbeit, die sich einerseits insbesondere in den Kooperationen mit anderen, etablierten Verbänden und Organisationen zeigt, z. B. der Zusammenarbeit mit der Bundesfachgruppe TGA des b.v.s., die vielfache Zusammenarbeit und der Regelwerksbeteiligung mit dem VDI oder die Kooperation im Bereich Schulungswesen mit DINmedia. Persönliche Highlights für mich waren sicherlich die erste gemeinsame VDI/DVQST-Expertenempfehlung, der erste Anruf eines Gerichts, das bei uns konkret um die Benennung eines geeigneten Sachverständigen für ein Verfahren gebeten hat, der Verweis auf die DVQST FS-401 in der VDI 6023 Blatt 1 oder die E-Mail einer Bundesbehörde, die im Rahmen einer Ausschreibung die Qualifikation des Sachverständigen im DVQST als fachlich gleichwertig zur öffentlichen Bestellung anerkannt hat.
Alexandra Bürschgens: Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang der rasante Zuwachs an Mitgliedern. Allein in den ersten neun Monaten 2024 waren es über 30 Neuzugänge. Wir merken immer deutlicher, und auch das erfüllt uns mit Stolz, dass der DVQST auf dem Markt zunehmend wahr- und ernstgenommen wird, und dass auch der interdisziplinäre, fachlich-konstruktive Austausch hervorragend klappt.
IKZ: Blicken wir in die Zukunft: Wo sehen Sie in den kommenden fünf Jahren noch viel Arbeit auf Sie beziehungsweise den Verein zukommen?
Arnd Bürschgens: Wir haben sehr konkrete Ziele neben den grundlegenden Vereinszielen. Dazu gehört z. B. die Akkreditierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 als Personenzertifizierer durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS), eine noch aktivere Beteiligung an der Normung z. B. des DIN und des DVGW und diverse Fachthemen, die wir gerne im Rahmen von Fachlichen Stellungnahmen als sog. „vorgezogene Gutachten“ ausarbeiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen möchten.
Alexandra Bürschgens: Gerne würden wir in Zukunft noch mehr mit SHK-Verbänden und Innungen zusammenarbeiten, um auch unsere ausführenden Kollegen auf dem aktuellen Wissenstand zu halten. Eher kurzfristig steht aber die ständige Weiterentwicklung unseres Seminarwesens und der Mitgliederkommunikation auf dem Plan. Wir möchten zudem auch gerne unsere Mitglieder unterstützen, sich weiterzuentwickeln, z. B. zu qualifizierten Sachverständigen im Rahmen eines zukünftigen Mentoren-Programms, zu versierten Fachautoren und zu anerkannten Seminar-Referenten.
IKZ: Wie ist Ihre Wahrnehmung: Hat sich der Blick der Verbraucher in Bezug auf die Hygiene in Trinkwasserinstallationen in den vergangenen Jahren verändert?
Alexandra Bürschgens: Bei den Verbrauchern ist die Wahrnehmung sicherlich stärker geworden, jedoch auch sehr zwiespältig. Die Reaktionen reichen von Ignorieren bis Panik, verursacht durch unzureichende und teils sogar falsche Informationen im Netz oder durch sog. Berater unterschiedlichster Couleur. Besonders kritisch sehe ich die Verwässerung wichtiger hygienischer Aspekte in der Trinkwasserinstallation durch absatzorientierte Verkaufsberater von vermeintlich unbedingt notwendigen, jedoch faktisch eher nachteiligen Produkten in Trinkwasserinstallationen, z. B. endständige Filterkartuschen als consumer products, die Hormone oder Medikamentenrückstände aus dem Wasser filtern sollen.
Arnd Bürschgens: Das Th ema Trinkwasserhygiene hat sicherlich auch auf Grund des gestiegenen Interesses in den Medien bei Verbrauchern an Bedeutung gewonnen. Vor kurzem durft en wir beispielsweise ein ausführliches Interview mit dem Magazin „Stern“ führen, das die Th ematik für sich entdeckt hatte. Noch vor wenigen Jahren wäre das wohl kaum denkbar gewesen. Und noch ein Aspekt kommt dazu: Der Zielkonflikt zwischen Energieeinsparung und Trinkwasserhygiene. Diese „Schere“ wird immer mehr Endverbrauchern bewusst. Gesucht werden sachlichen Informationen und Lösungsansätze zur Th ematik. Auch hier leistet der DVQST Aufk lärung.
IKZ: Der DVQST bietet umfangreiche Zertifizierungen bis hin zum Sachverständigen für Trinkwasserhygiene an. Wir haben es ja bereits kurz angesprochen. Inwieweit sind diese Qualifikationsmaßnahmen von externen Stellen wie beispielsweise dem VDI oder von Gerichten – Stichwort öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger – anerkannt?
Arnd Bürschgens: Neben einer öffentlichen Bestellung zum Sachverständigen für das Teil- oder Fachgebiet Trinkwasserhygiene einer HwK/IHK bietet der VDI/DVQST-zertifizierte Sachverständige den einzigen objektiven Qualifikationsnachweis auf dem Gebiet der Trinkwasserhygiene. Unsere Anforderungen sind sehr hoch, die Anwärter müssen neben den grundlegenden Eingangsvoraussetzungen – einschlägige Berufsausbildung bzw. ein Studium oder entsprechende Berufserfahrung, eine gültige VDI-Urkunde nach VDI-MT 6023-4 Kat. A sowie eine gezielte Fortbildung zur Risikoabschätzung in Trinkwasserinstallationen – eine dreistufige Prüfung absolvieren. Sie besteht aus einem fachtheoretischen Teil, einer praktischen Prüfung an einer realen Anlage sowie einem ausführlichen Fachgespräch. Unsere Zertifizierung stellt daher mindestens ebenso hohe Anforderungen wie die Prüfung zum öffentlich bestellten Sachverständigen.
Nach § 404 Zivilprozessordnung (ZPO) heißt es, dass „wenn für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt sind, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern“. Daher freut es mich, dass auch aus den Reihen der DVQST-qualifizierten Sachverständigen mittlerweile Kollegen für Gerichtsaufträge bestellt wurden.
IKZ: Wer mehr über den Verein und das Schulungsangebot erfahren möchte: wo gibt es weitere Informationen?
Arnd Bürschgens: Eine Anlaufstelle für Informationen sind unsere Mitglieder selbst, die man als Referenten und Teilnehmer auf diversen Fachveranstaltungen treffen kann. Die allermeisten unserer Mitglieder „leben“ DVQST und geben Interessierten gerne Auskunft.
Alexandra Bürschgens: Ansonsten ist eine der ersten Anlaufstellen natürlich unsere Website und unsere diversen Social Media-Kanäle wie Facebook, LinkedIn und WhatsApp, über die wir jeden informieren, der sich für unsere Th emen interessiert und über die man uns jederzeit erreichen kann.
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