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StartseiteWissenNewsAus der Sachverständigenpraxis
4. Oktober 2024
Im Gegensatz zu der früher überwiegend verwendeten T-Stück-Installation mit Einzelstichleitungen werden Trinkwasserinstallationen heute häufig in geschleifter Leitungsführung geplant. Das ist bekannt. In der Praxis wird die geschleifte Rohrleitungsführung aber oftmals nicht konsequent umgesetzt, was hygienische Mängel und damit verbunden gesundheitliche Risiken für den Nutzer zur Folge haben kann. Beispiele aus der gutachterlichen Praxis.
In der in Bild 1 gezeigten Technikzentrale wurde die Trinkwasserleitung kalt (PWC) gut sichtbar geschleift ausgeführt. Deren waagerechte Anschlussleitung, zum RLT-Dampferzeuger, wird jedoch aufgrund ihrer Baulänge (>3 x di) und der geringen Anforderung nicht oder nur relativ selten durchströmt. Die Folge: Das in den Rohrleitungen enthaltene Trinkwasser stagniert. In Verbindung mit der hohen Umgebungswärme der Zentralenluft ist dort von guten bis sehr guten Vermehrungsbedingungen für Legionellen auszugehen. Im ungünstigen Fall kann das vorbeiströmende Trinkwasser kontinuierlich mit Legionellen aus der Stagnationsstrecke kontaminiert werden. Gleiches gilt sinngemäß auch für das Beispiel im Bild 2.
Diese oder ähnliche Einbausituationen fallen sehr häufig bei den gutachterlichen Ortsterminen als Mangelpunkt auf. Solch ein Montagefehler könnte jedoch durch einen direkten, kurzen Anschluss des Zapfhahns, Pressfittings-T-Stück mit ½“ Innengewinde, vermieden werden. Die Bögen wären somit überflüssig.
Stagnation trotz regelmäßiger Nutzung
Um das Volumen bei einer geschleiften Rohrleitungsführung nicht zu groß werden zu lassen, kommen mitunter auch sogenannte Strömungsteiler oder Venturieinheiten zum Einsatz. Bei der Planung und Ausführung sind die Herstellerangaben tunlichst einzuhalten, um deren hydraulische Funktion auch tatsächlich sicher zu stellen. Das wurde beim Beispiel im Bild 3 nicht berücksichtig. In dieser Technikzentrale kann sich das Trinkwasser in der geschleiften Installation aussuchen, welchen Weg es nehmen möchte. Auch dort ist, trotz einer regelmäßigen Nutzung der Entnahmearmatur, zumindest von einer Teilstagnation in einer oder beiden Anschlussleitungen auszugehen. Solch ein Mangel wird leider häufiger vorgefunden.
Bestimmungsgemäßer Betrieb – in der Praxis oftmals nicht gegeben
Zur Vermeidung von Stagnation sind alle Trinkwasserentnahmestellen bestimmungsgemäß, d. h. nach den Vorgaben der Planung, zu nutzen. Entsprechend der VDI 6023 ist eine Betätigung spätestens alle 72 Stunden vorgegeben. Alternativ lässt sich die regelmäßige Nutzung der Trinkwasserentnahmestellen auch über händische Hygienespülungen simulieren und mit einem Spülplan dokumentieren. Dies wird oftmals jedoch häufig anders gehandhabt, wie die Bilder 4 und 5 zeigen, und stellt einen relativ häufig vorkommenden Mangel dar. Im Rahmen der Planung wurde der Putzmittelraum nicht groß genug ausgelegt. Es fehlt dort offensichtlich ein geeigneter Lagerraum. Selbst wenn die angeschlossene Trinkwasserinstallation ansonsten vorbildlich ausgeführt wurde, besteht im Bereich der Entnahmestelle eine Stagnation.
Die Industrie bietet bekanntlich seit längerer Zeit verschiedene, automatisch arbeitende Spülstationen oder programmierbare Automatikarmaturen an. In komplexen Trinkwasserinstallationen lassen sich die Entnahmearmaturen mit einem Wassermanagementsystem vernetzen und somit die erforderlichen Hygienespülungen auslösen, steuern und überwachen. Für dessen Funktionskontrolle sollte eine Auslese- und Protokollerstellung möglich sein und eine Störmeldefunktion beinhalten. Die im Rahmen der Planung gewählten Komponenten oder Systeme müssen jedoch zur Stagnationsvermeidung in der Lage sein, regelmäßig den Wasserkörper der angeschlossenen Rohrinstallation vollständigen auszutauschen. Bei der Auslegung der Trinkwasserinstallation sollte tunlichst der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes berücksichtigen werden. Im Durchschnitt entspricht dies ca. 60 Jahre. Das erforderliche Spülwasseraufkommen hat einen wesentlichen Einfluss auf die künftigen Betriebskosten. Moderne Automatikarmaturen erkennen eine zwischenzeitliche Nutzung und spülen dann lediglich nur noch die Differenz zu der programmierten Trinkwassermenge. Damit lässt sich der Spülwasserbedarf vermindern.
Die Anzahl der Trinkwasserentnahmestellen wirkt sich unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit auf die Rohrleitungsdimensionierung aus. Daher sollte in der Planung jede Trinkwasserentnahmestelle kritisch hinterfragt werden. Alle an einem Bauwerk Beteiligten – Architekt, TGA-Planer, Bauherrenschaft sowie ausführende Fachunternehmen – sollten generell sehr genau abwägen, welche Trinkwasserentnahmestellen tatsächlich erforderlich sind. Weniger ist hierbei oftmals besser. In der frühen Planungsphase sollte ebenfalls geprüft werden, in welchen Bereichen der Trinkwasserinstallation Stichleitungen, mit einer regelmäßigen Nutzung oder Verwendung einer Automatikarmatur ausreichen, um den Hygieneanforderungen gerecht zu werden.
Autor: Dipl. Ing. Uwe Linke, Gutachter für Sanitärtechnik und Trinkwasserhygiene
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